Unsere Rede auf der Demo „Take Back the Night 2024 – Feministisch kämpfen gegen patriarchale Gewalt!“

Ob auf den Straßen von Teheran, Warschau, Texas, Rojava, Mexico City, Istanbul, Bogota oder hier in Frankfurt: der feministische Kampf gegen Gewalt und Unterdrückung und für eine Welt, in der alle Menschen sicher und ohne Angst verschieden sein können, geht weiter.

Jeden Tag widerfährt Frauen, trans- und nichtbinären Menschen Gewalt. Die Liste an täglicher Gewalt gegen Frauen, trans und nichtbinäre Menschen reißt nicht ab. 

Im letzten Jahr meldete das Trans Murder Monitoring weltweit 320 Personen, die aufgrund von Trans*feindlichkeit getötet wurden. Die überwiegende Mehrheit unter ihnen waren Schwarze und indigene trans*feminine Personen oder trans*feminine People of Color. Mehr als ein Drittel der Morde fand auf offener Straße statt ; ein weiteres Viertel in der Wohnung der Getöteten.

Auf offener Straße erlitt auch Malte C. einen tödlichen Angriff. 2022 feierte er mit vielen anderen den CSD in Münster. Als er beobachtete, wie Teilnehmer*innen queerfeindlich bedroht und beschimpft wurden, versuchte er mutig, sie zu schützen.Der Täter schlug ihn daraufhin so heftig, dass er mit dem Hinterkopf auf den Boden fiel und fünf Tage später an den schweren Verletzungen verstarb. Der Täter beleidigte Malte zuvor eindeutig trans*feindlich, unter anderem indem er behauptete, Malte sei kein richtiger Mann“. Dennoch erkannte das Gericht nicht an, dass diese Tat aus Trans*feindlichkeit und damit aus einem geschlechtsspezifischen Motiv heraus geschah.

Im Kontext des Trans* Day of Remembrance machen wir auch auf eine hohe Suizidgefahr, insbesondere bei trans* Jugendlichen, aufmerksam. 
Mehr als drei Viertel aller trans* Personen haben Suizidgedanken. Von diesen 75 Prozent hat die Hälfte mindestens einmal versucht sich das Leben zu nehmen. Vor allem trans* Jugendliche und junge Erwachsene, die sich aus Angst vor Diskriminierung in ihrer Herkunftsfamilie dort nicht outen, sind besonders gefährdet, ihrem Leidensdruck den Suizid vorzuziehen. 
Ella N. zündete sich 2021 auf dem Berliner Alexanderplatz an und verstarb an den Folgen dieses Akts. „Ihr Tod in dieser Form war wie jemanden anzuschreien, der nie hören wollte“, sagte ein Freund von ihr. Ella kam 2015 aus dem Iran nach Deutschland. In beiden Ländern hat sie transfeindliche Gewalt erlebt. Neben diesen Diskrimierungserfahrungen musste sie sich auch ihr Aufenthaltsrecht in Deutschland lange erkämpfen. Ihr Status als Asylbewerberin verhinderte es ihr, eine geschlechtsangleichende Behandlung beginnen zu können.
Diskriminierung aufgrund der geschlechtlichen Identität ist patriarchale Gewalt, welche sowohl auf körperlicher, als auch psychischer Ebene stattfinden kann. Wir erinnern an alle trans*Personen, die zu früh von uns gegangen sind.

Von einem unfassbaren Ausmaß an patriarchaler Gewalt ist auch die Französin Gisèle Pelicot betroffen. Über zehn Jahre hinweg wurde sie regelmäßig von ihrem damaligen Ehemann mit schwersten Angstlösern und Schmerzmitteln betäubt und im Internet anderen Männern zur Vergewaltigung angeboten. Gisèle Pelicot möchte anderen Betroffenen Mut machen und wir schließen uns ihrer Forderung an, dass die Scham für sexualisierte Gewalt die Seiten wechseln muss. Schämen müssen sich ausschließlich die Täter!

Alle vier Minuten erlebt eine Frau in Deutschland Gewalt durch ihren Partner oder Expartner. Jeden zweiten Tag wird eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner ermordet. 2023 wurden in Deutschland 155 Femizide gezählt, dieses Jahr sind es laut den Zählungen der Intitiative „Femizide stoppen!“ bis zum jetzigen Zeitpunkt  81 (sind es nicht 86 mittlerweile?) ermordete Frauen.

Eine Woche nach dem islamistischen Attentat in Solingen Ende August wurden in Berlin gleich zwei Frauen Opfer eines Femizids. Einen öffentlichen Aufschrei zu diesen beiden Morden und zur Gewalt gegen Frauen und Mädchen allgemein bleibt dennoch aus, es sei denn diese lässt sich für rassistische Diskurse verwerten. Sexisten und Antifeministen sind aber nicht nur die vermeintlich Anderen ! Patriarchales Denken ist fest verankert in unserer Gesellschaft und wir beobachten täglich, dass bereits erkämpfte Rechte für Frauen und Queers keine Selbstverständlichkeit sind, sondern stets durch reaktionäre und autoritäre Kräfte, wie hierzulande die AfD, bedroht werden.

 

Der Kampf gegen das Patriarchat ist global und universal. Ein Beispiel hierfür ist die Frauenbewegung in Argentinien. 2015 initiierte sie mit der Kampagne «Ni una menos» («Nicht eine weniger») Massenproteste gegen Femizide und mobilisierte immer wieder Hunderttausende für Demonstrationen. Sie rückte so das Thema ins öffentliche Bewusstsein – und veränderte Institutionen. 2020 errangen die Argentinier*innen das Recht auf Abtreibung und sorgten dafür, dass FLINTAs in Not staatliche Unterstützung bekommen. Diese erkämpften Rechte sind aktuell durch die neue rechtspopulistische Regierung bedroht. Nach dem Amtsantritt schaffte die rechtspopulistische Regierung unter Javier Milei bereits das Ministerium für Frauen und Gendergerechtigkeit ab, hob per Dekret ein Gesetz auf, das eine Quote für die Beschäftigung von Transpersonen in öffentlichen Institutionen vorschrieb und stellte telefonische Beratung für von Gewalt betroffene Frauen ein.

In Indien streikten dieses Jahr landesweit Krankenhauspersonal und FLINTAs, nachdem eine Ärztin im Krankenhaus ermordet wurde.

Im Iran löste der Tod von Jina Mahsa Amini nach ihrer Verhaftung durch die Sittenpolizei im September 2022  eine nie dagewesene Demonstrationswelle aus. Unter dem Slogan „Jin Jiyan Azadi“ breitete sich die Protestbewegung im ganzen Land aus. Es gingen Bilder und Videos um die Welt, auf denen junge Frauen ohne Kopftuch auf der Straße tanzen und sich so dem Mullah-Regime widersetzen. Auch jetzt, zwei Jahre später, begeben sich die Protestierenden immernoch in Lebensgefahr, weil sie die unterdrückerischen Verhältnisse nicht länger hinnehmen wollen. Gerade erst mussten die beiden Journalistinnen, Nilufar Hamedi und Elahe Mohammadi, die über den Mord an Jina Mahsa Amini berichtet haben, erneut wegen „Propaganda“ für jeweils fünf Jahre ins Gefängnis. 

Neben der Bedrohung unserer Freiheit durch reaktionäre Regierungen, mussten wir im letzten Jahr miterleben, wie auch in vermeintlich progressiven Kreisen Frauenverachtung in erschreckendem Ausmaß zu Tage trat, als die brutale sexualisierte Gewalt im Rahmen des islamistischen Überfalls der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 geleugnet, relativiert oder sogar als angeblich legitimer Widerstand gefeiert wurde. Sexualisierte Gewalt an Frauen wird dabei als Kollateralschaden hingenommen, und jeglicher Anspruch auf Emanzipation verschwindet. Für uns steht fest: Rape is not Résistance!

Wir stehen dafür ein, dass alle FLINTAs in Würde und ohne Gewalt leben können!

Deswegen wollen wir in diesem Jahr am 22. November sowohl im Zuge des internationalen trans day of Remembrance als auch des internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen und Mädchen mit euch gemeinsam auf die Straße gehen, laut und sichtbar sein! 

 

Wir organisieren uns gemeinsam gegen Cis-Patriarchat und Kapitalismus, wollen solidarisch miteinander kämpfen: gegen sexistische, cisnormative Diskriminierung, Gewalt und Unterdrückung.

Konkret bedeutet das: Wehrt euch gegen Kapital und (Cis-)Patriarchat. Bildet euch weiter und beginnt, gemeinsam die Verhältnisse und Wirkmechanismen aufzudecken, um zu verstehen, woraus Diskriminierung, Transfeindlichkeit, Sexismus, Gewalt und Unterdrückung hervorgebracht werden.

Solidarisiert euch mit anderen Frauen, Mädchen, trans, inter und nichtbinären Menschen: Schafft Räume für Austausch und gegenseitiges Empowerment, um euch zusammenzuschließen und gegen die Vereinzelung, sowie die Tabuisierung von Gewalterfahrungen zu kämpfen. 

Seid aufmerksam im eigenen Bekanntenkreis, in der Nachbarschaft, in der Familie, aber auch in der Öffentlichkeit. Steht ein gegen Verharmlosung von patriarchaler Gewalt, hört Betroffenen zu, glaubt ihnen und schreitet auch selbst ein, wenn ihr patriarchale Gewalt miterlebt.

Heute sind wir in Gedanken bei all denen, die widerständig sind, sich nicht einschüchtern lassen und teils unter massiven Repression für ein freies Leben kämpfen. Wir gedenken aber auch all denen, die die cis-patriachale Gewalt nicht überlebt haben. 

Lasst uns unsere Wut und unsere Trauer gemeinsam auf die Straße tragen, zusammen gegen den (cis-)patriachalen und kapitalistischen Normalzustand! Jin Jiyan Azadi! Feindschaft den Trans*feind*innen!

 

Bericht: Gedenkkundgebung in Erinnerung an die Opfer des Anschlags in Halle vor 5 Jahren

Letzten Mittwoch, am fünften Jahrestag des rechten Anschlags in Halle, haben wir uns auf der Hauptwache trotz strömenden Regens mit etwa 60 Menschen für eine Gedenkkundgebung versammelt.
Neben einer Rede von uns gab es Beiträge von Kritik & Praxis, der antifaschistische Basisgruppe, Benjamin Ortmeyer und dem Verband jüdischer Studierender Hessen. 
Thematisiert wurden die politische und praktische Solidarität mit den Betroffenen. Weiterhin wurde betont, rechte Anschläge nicht isoliert (bspw. als nur rassistisch, nur antisemitisch, nur misogyn, …) oder als Einzelfälle zu betrachten, sondern in rechte Weltbilder und deren Konsequenzen in den gesellschaftlichen Rechtsruck einzuordnen. Ebenso wurde die Rolle der Polizei unterstrichen, welche sich auch in Frankfurt bspw. in den unzähligen „Einzelfällen“ des Ersten Polizeireviers zeigt.
Dass an mehreren linken Orten die Plakate für die Gedenk(!)kundgebung abgerissen wurden, bei der es um einen rechten Anschlag auf eine Synagoge geht, und in deren Aufruf ausschließlich auf diesen und die gesellschaftliche Reaktion Bezug genommen wird, macht uns traurig und zeigt ein Problem mit Antisemitismus in der Frankfurter Linken.
Bei Kritik am Aufruf oder der Kundgebung kommt auf uns zu oder schreibt eine Mail, anstatt kommentarlos Plakate abzureißen.
Abschließend bleibt zu sagen: Im Kampf gegen rechten Terror können wir uns auf den Staat nicht verlassen.
Kein Vergeben, kein Vergessen – mourn the dead, fight for the living!

Gedenkkundgebung in Erinnerung an die Opfer des Anschlags in Halle vor 5 Jahren

9.10.2024 18 Uhr Hauptwache Frankfurt
Gegen das Vergessen.

Am 09.10.2019 versucht ein Attentäter am höchsten jüdischen Feiertag, Jom Kippur, 51 Juden*Jüdinnen in der Synagoge in Halle zu töten. Dieses antisemitische Massaker wurde nur durch Glück verhindert, weil der Täter an der stabilen Tür der Synagoge scheiterte. Der Bitte der Gemeinde nach Polizeischutz war nicht nachgekommen worden. Im Anschluss tötet der Attentäter die Passantin Jana L. und in einem nahegelegenen Dönerimbiss Kevin S. Auf seiner Flucht versucht er weitere Menschen aus rassistischen Gründe zu ermorden. Dabei streamt er den Anschlag live und zeigt offen seine antisemitischen, rassistischen und misogynen Überzeugungen.

Die gesellschaftliche und mediale Reaktion ist wie erwartet: Ein kurzer Aufschrei, dann folgt die Abgrenzung: Das war ein Einzeltäter! Dann Schweigen und Vergessen.
So folgen Halle, Hanau, der Anschlag am Olympia-Einkaufszentrum in München: Einzelfall auf Einzelfall. Doch ein faschistischer Mörder entsteht nicht im luftleeren Raum. Er ist Teil einer nach rechts rückenden Gesellschaft, in der Antisemitismus und andere menschenverachtende Positionen normalisiert wurden und werden.

Die gesellschaftliche Verdrängung zeigt sich im Unwillen von der Politik, die Forderungen und den Schutz von Betroffenen ernst zu nehmen und in einer Öffentlichkeit, die vor Rechtsextremismus lieber beide Augen verschließt oder gleich manche seiner Positionen üernimmt, anstatt sich kritisch mit ihm auseinanderzusetzen. So brauchte es bspw. 30 Jahre(!) und Druck von politischen Initiativen für eine Gedenktafel für die Auschwitz-Überlebende Blanka Zmigrod, die 1992 in Frankfurt von einem Rechtsterroristen ermordet wurde.

Wir brauchen eine Gedenkkultur, die gemeinsam und in Solidarität mit den Betroffenen antisemitischer und rechter Gewalt agiert sowie gesellschaftliche Ursachen und Zusammenhänge aufzeigt und bekämpft.

Wir sind traurig. Wir sind wütend. Wir vergessen nicht.
Erinnert mit uns an den antisemitischen Anschlag von Halle. In Gedenken an Jana L., Kevin S. und alle Opfer rechter Gewalt.

Solidarisch Kämpfen für die Utopie!

Feministischer Kampftag: Solidarisch Kämpfen für die Utopie!

SAFE THE DATE!

Demonstration: Solidarisch Kämpfen für die Utopie!
8. März 2024 | 18:00 Uhr | Frankfurt/Hauptwache

Barabend: Nach der Demo im Café ExZess

…weitere Veranstaltungen: Infos folgen!

Antifaschistisches Kollektiv 069
FfeM.
Antifaschistische Basisgruppe [abg] – Frankfurt am Main/Offenbach
Offenes Antifaschistisches Treffen FFM
Feministische Bildungsinitiative
Kritik & Praxis – radikale Linke [f]rankfurt

Revolution & Aufbau: Genoss:innen aus Rojava berichten

Im Rahmen unserer Vortragsreihe freuen wir uns ganz besonders über die Delegation des Demokratischen Jugendrat Syriens, welche uns von der aktuellen Situation in Rojava berichten wird:

Wir leben in einer Zeit in der wir jeden Tag sehen, wie sich die Krisen überall auf der Welt mehr und mehr zuspitzen. Wie kann der Aufbau einer Alternative, ein freies und selbstbestimmtes Leben aller Menschen und Völker, inmitten von Krieg und Chaos aussehen?

Über diese und weitere Fragen wollen wir mit einer Delegation von Demokratischen Jugendrat Syriens sprechen.

Im Demokratischen Jugendrat Syriens organisieren sich verschiedenste demokratische und revolutionäre Jugendorganisationen mit dem Ziel eine demokratische und föderale Republik Syrien aufzubauen. Durch autonome Selbstverwaltung wird darauf hingearbeitet, die Krise Syriens zu lösen und ein freies und gleichberechtigtes Zusammenleben aller Volksgruppen des Landes, eine gerechte Verteilung der Ressourcen und Reichtümer Syriens und einen bleibenden Frieden zu garantieren. Darüber hinaus arbeitet der Demokratische Jugendrat Syriens in dem Bewusstsein, dass die Probleme der Region nur durch den vereinten Kampf der Völker, gegen lokale Reaktion und ausländische Intervention, gelöst werden können. Insbesondere durch die Einheit und Organisierung aller Jugendlichen des Mittleren Ostens und darüber hinaus.

Die Delegation wird vom konkreten Aufbau und der Organisierung der Jugend und Gesellschaft vor Allem in Nord- und Ostsyrien berichten, aber auch auf die Realität der Angriffe, die unvermindert auf die Selbstverwaltung vor Ort stattfinden, eingehen und diese bewerten. Gemeinsam wollen wir diskutieren, was diese Perspektiven für uns und für den Aufbau einer weltweiten Organisierung der Jugend und Gesellschaft bedeuten.

in Kooperation mit: Fridays for Future, Aurora, EndFossil, Interventionistische Linke, Initiative Demokratischer Konföderalismus, TekoJin, StudentsDefendKurdistan, YXK & JXK

Gemeinsam gegen Medienhetze und Öffentlichkeitsfahndung! Solidarität mit den untergetauchten Antifaschist:innen – für einen ungebrochen aktiven Antifaschismus!

Gemeinsam gegen Medienhetze und Öffentlichkeitsfahndung!

Solidarität mit den untergetauchten Antifaschist:innen – für einen ungebrochen aktiven Antifaschismus!

Ende September veröffentlichten die Onlineportale der öffentlich-rechtlichen Sender NDR und WDR einen Beitrag zur „steigenden Zahl untergetauchter Linksextremisten“. Was als Sachinformation gekennzeichnet war, entpuppte sich beim Lesen sehr schnell als ausführlicher Hetzartikel gegen Antifaschist:innen, denen vorgeworfen wird, in Thüringen und Sachsen, sowie in Budapest organisiert und militant gegen Nazis vorgegangen zu sein. Der initiale Artikel wurde schnell von weiteren Medien, wie etwa der Tagesschau, aufgegriffen. Unisono wurde dabei notwendige antifaschistische Praxis gegen militante Nazinetzwerke in die Nähe von Terrorismus gerückt und so delegitimiert und kriminalisiert. Völlig falsch ist dabei auch die aus der Luft gegriffene Gleichsetzung von antifaschistischen Gruppen und militanten Aktionszirkeln.

Der Artikel erschien augenscheinlich nicht anlasslos, sondern war der Auftakt zu einer neuen und aufeinander abgestimmten Kampagne gegen die antifaschistische Bewegung. Am Montag nach der NDR/WDR-Steilvorlage legten die Sicherheitsbehörden, konkret die Bundesanwaltschaft und das LKA Sachsen, mit einer umfassenden, bundesweiten Öffentlichkeitsfahndung nach: In vielen Innenstädten, an Straßenbahnhaltestellen und Bahnhöfen erschienen großflächige Anzeigen auf Infoscreens, die das Gesicht eines der untergetauchten Antifaschisten zeigen sollen. Mitsamt einer ausgerufenen Belohnung von 10.000 Euro. Die mediale Hetzjagd wurde so durch die öffentliche ergänzt.

 

Eine Öffentlichkeitsfahndung gegen aktive Antifaschist:innen in diesem Umfang stellt – einmal mehr – eine neue Qualität im Vorgehen gegen Nazigegner:innen dar, wird sie doch sonst im öffentlichen Raum i.d.R. bei Kapitalverbrechen wie Mord oder im Zuge von Terrorismus genutzt. Dieser Schritt der Behörden kommt aber nicht unerwartet, sondern reiht sich ein in die massiven Versuche, gerade in Ostdeutschland, antifaschistische Politik zu kriminalisieren.

Die Behörden wenden hier eine alt(-bewährte) Taktik an: Durch die Stigmatisierung einzelner, in diesem Fall eines Genossen und seiner Aktivität gegen Nazis zum „Staatsfeind Nummer 1“, soll die Bewegung gespalten werden. Eine Bewegung, deren Stärke ihre Vielfältigkeit und Solidarität ist und die sich nicht in „gute, weil harmlose“ Antifaschist:innen und vermeintliche „kriminelle Schlägertruppen“ aufteilen lässt.

Die Öffentlichkeitsfahndung ist also ein Angriff auf die antifaschistische Bewegung als Ganzes und ihr sollte – unabhängig von der Bewertung der Aktionsform der untergetauchten Aktivist:innen – deswegen auch gemeinsam entgegengetreten werden.

Denn die Art und Weise, wie nun Jagd auf den Genossen gemacht wird, soll gleich mehreres bezwecken: Zum einen wird versucht den Untergetauchten jegliche Handlungs- und Bewegungsspielräume zu nehmen, zum anderen sollen solidarischen Unterstützer:innen abgeschreckt werden und natürlich hat die „Terror-Fahndung“ zum Ziel, Menschen vom konsequenten und notwendigen Vorgehen gegen bewaffnete Nazis abzuhalten. Damit stärken die Behörden letztlich die sich ohnehin im Aufwind befindlichen rechten und faschistischen Kräfte, gerade in Thüringen, Sachsen oder Ungarn.

Der Staat und seine Institutionen zeigen hier also einmal mehr, dass sie alles andere als eine neutrale Instanz sind. Seit 1990 haben Nazis über 200 Menschen in der Bundesrepublik ermordet, mit dem NSU existierte über Jahre eine von staatlichen Stellen z. T. gedeckte bewaffnete Gruppe im Untergrund und gegen knapp 600 Rechte gibt es einen offenen Haftbefehl. Öffentlichkeitsfahndung oder in anderer Form entschiedenes Vorgehen in diesem Zusammenhang: Fehlanzeige.

Es ist nur folgerichtig, wenn in Anbetracht dieser konkreten Gefahr antifaschistischer Selbstschutz von unten organisiert und militante Nazinetzwerke zurückgedrängt werden. Umso früher, desto besser – bevor und nicht nachdem wieder Unterkünfte brennen und Menschen ermordet werden.

In diesem Sinne: Hut ab vor Antifaschist:innen, die Nazis dort etwas entgegensetzen, wo sie sich ansonsten frei entfalten können. Ob in Eisenach, wo die Nazis regelmäßig Kampfsport trainieren und Anschläge auf Linke und Migrant:innen planen, in Sachsen, wo sie regierungskritische Bewegungen mit Massencharakter anführen, oder in Budapest, wo ganz andere Verhältnisse herrschen, Faschist:innen vom Staat hofiert werden und zu hunderten an offen NS-verherrlichenden Events teilnehmen können. Und zu guter Letzt Polizei und Justiz mit aller Härte gegen die verbliebenen Antifaschist:innen vorgehen.

Wir müssen dieser neuen medialen Hetze und dem immensen Druck der Behörden auf Einzelne gemeinsam entgegentreten. Tun wir das nicht, tragen wir am Ende zur Schwächung der antifaschistischen Bewegung bei. Und das wäre in der aktuellen Situation fatal. Auch wenn wir uns im konkreten Handeln nicht immer einig sind, so sind doch Vielschichtigkeit, die unterschiedlichen Aktionsformen und die uneingeschränkte Solidarität untereinander seit jeher eine Stärke der antifaschistischen Bewegung. In Anbetracht der aktuellen Rechtsentwicklung ist all das mehr denn je gefragt.

Solidarität mit den Verurteilten im Antifa-Ost-Komplex und den Inhaftierten in Budapest!

Solidarität mit den Untergetauchten und jetzt von der Öffentlichkeitsfahndung Betroffenen!

Lasst uns das Netz der Solidarität weiter knüpfen!

Deshalb: Setzt sichtbare Zeichen der Solidarität mit den betroffenen Antifaschist:innen. Unterstützt diese Solidaritätserklärung, verschafft den Betroffenen politische Rückendeckung, sammelt Geld für Prozesskosten und Co. Setzen wir der Öffentlichkeitsfahndung gemeinsam etwas entgehen.


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10. Oktober 2023

Antifa KasselAntifa NT München Antifa United Rostock Antifaschistische Aktion Koblenz Antifaschistische Aktion RegensburgAntifaschistische Aktion SüdAntifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart & Region Antifaschistischer Aufbau Köln/BrühlAntifaschistischer Stammtisch München Antifaschistische Basisgruppe Frankfurt/OffenbachAntifaschistische Initiative Heidelberg (IL)Autonome Antifa-Koordination KielCommunist Action & Theory MarburgFantasma – Revolutionäre Linke KasselOffenes Antifa Treffen DuisburgOffenes Antifaschistisches Treffen Karlsruhe Offenes Antifaschistisches Treffen Frankfurt Offenes Antifaschistisches Treffen MannheimOffenes Antifaschistisches Treffen Rems-Murr Offenes Treffen gegen Rassismus und Faschismus Tübingen und RegionROSA – Reutlingen for Organisation, Solidarity and Actions Rote Hilfe OG StuttgartTask – Antifaschistische Gruppe Kassel

Kundgebung in Gedenken an die Opfer des rechten Anschlags in Halle

Am 09. Oktober 2019, am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, scheiterte ein rechtsterroristischer Anschlag auf die hallesche Synagoge nur knapp an deren verstärkten Tür.

Der Täter tötete stattdessen auf eine vorbeilaufende Frau und drang später in einen Dönerladen ein, wo er einen weiteren Menschen erschoss.

Wir wollen uns am Jahrestag dieses Anschlags versammeln, um den Opfern zu gedenken und rechtem Terror sowie Antisemitismus entschlossen entgegenzutreten.

Kommt mit uns am 09.10. um 18 Uhr zur Hauptwache.

Denn: Rechter Terror ist deutsche Kontinuität! Gemeinsam gegen jeden Antisemitismus!

Chemnitz 2018: Verharmlos. Verdrängt. Vergessen. Eine Solikampagne für die Betroffenen rechter Gewalt

Eine Veranstaltung des OAT Frankfurt im Rahmen der Reihe Vorträge, Filme, Revolution

Donnerstag, 05.10. | 19:30 Uhr | Cafe Kurzschlusz

Chemnitz im Jahr 2018 – Bilder und Videos des deutschen Mobs gehen durch die Welt. Faschist:innen jagen unter Beifall von Bürger:innen People of Color, Journalist:innen und Antifaschist:innen. Es kommt zu einer Massenmobilisierung der Mosaikrechten aus der ganzen Bundesrepublik. Die Folge ist rechter Terror.

Im Zuge der Ausschreitungen wurden auch Gegendemonstrant:innen angegriffen. 5 Jahre lang wurden die Prozesse verschleppt. Nun sollen die angeklagten Neonazis vor Gericht landen. Angesetzt sind die Prozesstermine auf den Herbst 2023. Die Solikampagne für die Betroffenen rechter Gewalt Chemnitz-Marburg unterstützt die Betroffenen und wird die Geschehnisse kontextualisieren, sowie einen Einblick in die betroffenenzentrierte Solidaritätsarbeit geben.

Antifa in Bayern – Vortrag & Barabend mit dem OAT Augsburg

Die Genoss*innen vom OAT Augsburg erzählen von antifaschistischer Arbeit in Bayern und dem besonderen Ausmaß an Repression der sie ausgesetzt sind, wie etwa das folgenden Beispiel zeigt:
Am 1. März 2023 stürmten Bullen und Staatsschutz das Plenum des Offenen Antifaschistischen Treffen (OAT) Augsburg. Sie hielten die Antifaschist*innen stundenlang fest, durchsuchten sie und kassierten deren technischen Geräte, wie Handys und Laptops ein. Zwei Antifaschist*innen wurden als „Zeug*innen“ mit zur Wache genommen. Mit welcher Begründung?
Das OAT Augsburg hatte einen auf Indymedia veröffentlichten Beitrag zum Angriff auf die Wohnung und den Arbeitsplatz der Augsburger AFDler*innen Tim und Gabrielle Mailbeck geteilt. Darüber hinaus besaß das OAT Augsburg ein Banner mit der Aufschrift „AFD angreifen!“, welche auch beim Angriff auf das AFD-Ehepaar verwendet wurde. Diesen vermeintlichen Zusammenhang nutzten die Behörden als Begründung für die Razzia. Nach drei Monaten wurde die Razzia schließlich vom Landgericht Augsburg als rechtswidrig eingestuft.
Die rechtsbeugerische Praxis des Staatsschutzes Antifaschist*innen mit Durchsuchungen und Verfahren zu überziehen hat Vereinzelung und Einschüchterung derer zum Ziel. Denn im konsequenten Kampf gegen Rechts ist auf den Staat kein Verlass. Dies zeigen Veröffentlichungen von Nazi-Chatgruppen innerhalb der Behörden und die mangelhafte Aufklärung von rechten Anschläge wie Hanau, Halle und München.

Um mehr über Antifa in Bayern zu erfahren, kommt zum Vortrag am 12.08.23 um 18 Uhr im Café Koz! Und danach zum Barabend, bei dem wir Spenden für unsere Genoss*innen vom OAT Augsburg sammeln.