Wir organisieren eine Kundgebung zum ersten Jahrestag des antisemitischen und rassistischen Anschlags von Halle.

Mittwoch | 7. Oktober | 18:30 Uhr | Alte Oper

Am 9. Oktober jährt sich erstmalig der rechtsterroristische Anschlag auf die Synagoge in Halle (Saale). Anlässlich dieses Jahrestages rufen wir für Mittwoch, den 7. Oktober, ab 18:30 Uhr zu einer Kundgebung auf dem Frankfurter Opernplatz auf, um den ermordeten zu gedenken und den Überlebenden gegenüber unsere Solidarität auszudrücken.

Die jüdische Gemeinde in Halle entging an Jom Kippur nur knapp einem Blutbad. Der Anschlag war lange geplant und wurde live ins Internet gestreamt. Dass die 52 Besucher*innen der Synagoge überlebten, verdanken sie dem Selbstschutz der jüdischen Gemeinde in Form einer massiven Holztür, nicht aber den staatlichen Behörden. Denn obwohl von ihnen zum hohen Feiertag mehrfach um Polizeiscutz gebeten wurde, blieb dieser aus. Auch als die Polizei von den Besucher*innen wegen des Anschlags alarmiert wurde, benötigte sie beinahe 15 Minuten, bevor sie am Tatort eintraf. Auch deshalb gelang es dem Attentäter, Menschen zu töten. Die Passantin Jana L., die den Täter auf die laute Explosin ansprach, sowie Kevin S., der gerade Gast im kurdischen Imbiss „Kiez Döner“ war, wurden kaltblütig ermordet. DIe Mitarbeiter*innen des Imbiss sowie weitere Gäste, ein Kurierfahrer an der Synagoge, ein Passant mit somalischem Hintergrund und ein Ehepaar, das dem Täter seine Autoschlüssel nicht aushängen wollte, überlebten teils schwer verletzt.

In Halle mag es sich um einen Einzeltäter gehandelt haben, doch keineswegs um einen Einzelfall. Der Attentäter Stephan B. bewegte sich in einem globalen, im Internet agierenden Netzwerk von Neonazis, die nicht nur Antisemitismus und Rassismus eint, sondern auch ihr Sexismus und Antifeminismus. Der Anschlag von Halle wie auch der von Hanau stehen in einer jahrzehntelangen Tradition neonazistische Gewalt in Deutschland. Weder hat der Antisemitismus nach der Shoah plötzlich aufgehört zu existieren, noch ist der Rassismus überwunden, der sich insbesondere in der frühen Nachwendezeit Anfang der 1990er, aber auch in den letzten Jahren, immer wieer gewaltsam entlud. Dabei zeigen aktuelle Entwicklungen auch ein Jahr nach dem Anschlag von Halle, wie folgenlos die Beteuerungen aus Politik, Medien und Teilen der Zivilgesellschaft verhallt sind. Insbesondere der Antisemitismus hat im Zuge der großen Proteste gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung im verschwörungsideologischen Spektrum Hochkonjunktur.

Beim Anschlag in Halle vor fast einem Jahr wurden zwei Menschen viel zu früh aus ihrem Leben gerissen; ihre Familien und Freund*innen trauern noch immer. Auch die Überlebenden werden die Tat und die Angst, die sie fühlten, nicht vergessen. Darüber hinaus hat die Tat auch bei Angehörigen anderer jüdischer Gemeinden ihre Spuren hinterlassen. All diesen Menschen gilt unsere Solidarität. Wir fordern daher dazu auf, gemeinsam der Opfer des Anschlags von Halle zu gedenken und damit ein deutliches Zeichen gegen Antisemitismus und Rassismus in unserer Gesellschaft zu setzen.