Am heutigen Tag fand anlässlich der Urteilsverkündung im Lübcke-Prozess eine Kundgebung vor dem Frankfurter Oberlandesgericht statt, die vom Bündnis gegen rechten Terror Hessen organisiert worden war. Wir beteiligten uns mit einem Redebeitrag, den wir hier zum Nachlesen bereitstellen.

Hallo, wir sind vom Offenen Antifaschistischen Treffen Frankfurt! Wir wollen – im Hinblick auf rechten Terror und das Versagen der Behörden – über die Notwendigkeit antifaschistischer Organisierung sprechen.

Dass es notwendig ist, gegen rechts aktiv zu werden, zeigt schon ein oberflächlicher Blick auf verschiedene Fälle, in denen der Staat rechte Täter*innen geschützt, Zusammenhänge vertuscht oder selbst migrantische Menschen und Linke angegriffen hat. Deswegen werden wir nun eine kleine und unvollständiger Chronik eben jener Fälle liefern, die exemplarisch für das Genannte stehen:
    
Im August 2018 erhält die Anwältin der Nebenklage im NSU-Prozess Seda Başay-Yıldız Drohungen, die mit dem Kürzel „NSU 2.0“ unterzeichnet sind. Ihre Daten wurden vorher im ersten Polizeirevier, hier an der Konstablerwache, abgerufen. Im März 2019 erhielt Idil Baydar ebenfalls Drohschreiben, die mit dem selben Kürzel unterzeichnet wurden. Dieses Mal wurden die Daten von einem Polizeicomputer in Wiesbaden abgerufen. Weitere Schreiben erhielten u.a. die Fraktionschefin der Linken in Hessen, Janine Wissler, Jutta Dittfurth und Sawsan Chebli von Februar bis September 2020. Statt der Aufklärung dieser Fälle beschränken sich der hessische Innenminister Peter Beuth und das LKA auf gegenseitige Schuldzuschreibungen, während Nazinetzwerke innerhalb der hessischen Polizei weitgehend unbehelligt weiter bestehen können.
Der nächste Fall ist der des verurteilten Serienbrandstifters Joachim S.. In den Jahren 2018 und 2019 kam es zu mehreren Brandanschlägen auf linke Projekte im Rhein Main Gebiet u.a. auf das Exzess und das lila Luftschloss in Frankfurt, den Knotenpunkt in Schwalbach, der komplett abbrannte, sowie auf das Autonome Kulturzentrum  Metzgerstraße in Hanau. Obwohl S. im Dezember 2018 festgenommen wurde, er wegen Brandstiftung vorbestraft war und sein Fixierung auf Linke Wohnprojekte bekannt war, wurde er wieder freigelassen.Nach seiner Freilassung beging S. weitere Brandstiftungen.Im Prozess gegen ihn, taten Gericht und Staatsanwaltschaft alles, um den politischen Hintergrund der Brandanschläge unter den Teppich zu kehren. So hieß es dann auch im Urteil dass „kein Motiv feststellbar“ sei und die zuständige Staatsanwältin bezeichnete die Vermutung, dass ein politisches Motiv naheliege als „totalen Quatsch“.
Beispielhaft für den Umgang der Repressionsbehörden mit migrantischen Menschen ist der Fall Matiullah J., der 2018 in Fulda mit 14 Schüssen durch Polizeibeamt*innen getötet worden ist. Auch hier gibt es keine Aufklärung, sondern Strafanzeigen gegen jene, die an einer Demonstration zum Gedenken an Matiullah teilgenommen haben. Ein Antifaschist stand wegen der Parole „Bullen morden der Staat schiebt ab – Das ist das gleiche Rassistenpack!“ noch Ende letzten Jahres vor Gericht. Das Urteil lautete Freispruch, allerdings hat die Staatsanwaltschaft bereits angekündigt in Revision zu gehen.
Diese Liste könnten wir ewig weiterführen: Vom Verschluss der NSUAkten bis hin zur Ermordung Oury Jahllos, uns wird immer wieder gezeigt, dass wir uns in Sachen Antifaschismus nicht auf den Staat verlassen können! Für eine grundlegende Veränderung der Verhältnisse braucht es eine kollektive und solidarische Praxis, deswegen organisiert euch gegen rechten Terror und Nazistrukturen in Behörden und der Gesellschaft! Beim OAT oder in anderen Strukturen, denn nur gemeinsam sind wir stark!
Sprecht uns gern an, lernt uns kennen und organisiert euch mit uns im Offenen Antifaschistischen Treffen!