Am 13.12. veranstalteten unsere Freund*innen vom OAT Darmstadt eine Demonstration gegen Polizeigewalt. Wir organisierten einen Zugtreffpunkt und beteiligten und mit einem Redebeitrag, den wir hier wiedergeben:
Wir sind das offene antifaschistische Treffen Frankfurt und treffen uns jeden 2. und 4. Donnerstag im Studierendenhaus in Frankfurt-Bockenheim, um gemeinsam der Ohnmacht und Vereinzelung in einer kapitalistischen Gesellschaft, die sich nicht erst seit gestern zunehmend nach rechts bewegt, mit antifaschistischer Politik zu entgegnen. Wir wollen dabei ein Raum für Menschen bilden, in dem wir uns über die aktuelle Politik austauschen, vernetzen und organisieren.

Bei der hessischen Polizei mehren sich Vorfälle, die beim bürgerlichen Milieu, das über Jahre hinweg die Arbeit migrantischer und linker Gruppen ignoriert hat, nun endlich doch für Erregung sorgen. Wir wollen hier nur einen kleinen, unvollständigen, Überblick geben:
  • Zwei Beamte des Polizeipräsidiums Südosthessen haben 2016 in einer WhatsApp-Gruppe Bilder mit faschistischen Inhalten ausgetauscht.
  • Zwei Beamte aus den Präsidien West- und Osthessen sollen den „Reichsbürgern“ nahestehen. Bei Hausdurchsuchungen wurde entsprechendes Material sichergestellt. Die Beamten sind vom Dienst suspendiert.Bei einer Schlägerei in Offenbach Ende 2018 waren auch rassistische Gesänge zu hören. Einer der Schläger war auch ein 21-jähriger Polizeianwärter.
  • Im Oktober 2012 haben vier Polizeibeamte in Frankfurt-Bornheim den Deutsch-Äthiopier Derege Wevelsiep bei einer Fahrkartenkontrolle in der U-Bahn verprügelt und bewusstlos geschlagen. Wevelsiep musste drei Tage in einem Krankenhaus behandelt werden. Zuvor hatten die Beamten rassistische Beleidigungen fallen lassen. Die Staatsanwaltschaft leitete damals zunächst kein Ermittlungsverfahren gegen die Beamten ein. Schließlich wurde dann doch Anklage gegen einen 32-jährigen Polizisten wegen Beleidigung und Körperverletzung im Amt erhoben.  
  • Im November 2012 wurden der Deutsch-Marokkaner Mounir Ackermann und seine Frau wegen einer Nichtigkeit von zwei Frankfurter Polizeibeamten verprügelt. Die Beamten hatten Ackermann zudem rassistisch beleidigt. Seine Anzeige inklusive Fotos von den Verletzungen sei dann allerdings auf dem Ersten Polizeirevier angeblich wegen technischer Probleme spurlos „verloren gegangen“, so die Frankfurter Polizei. 
  • Am 2. August 2018 erhielt die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız ein Fax mit Drohungen gegen sie und ihre damals zweijährige Tochter. Das Schreiben an die deutsche Anwältin begann mit rassistischen Beleidigungen und endete mit der Unterschrift „NSU 2.0“. Die Spur führte zu einem ganz besonderen Computer: Er stand im 1. Polizeirevier in der Frankfurter Innenstadt.
Dies sind alles keine Einzelfälle, sondern die, die medial Aufmerksamkeit erhielten oder von der Polizei intern bearbeitet wurden. Denn die meisten Menschen, die von Polizeigewalt betroffen sind erstatten keine Anzeige, vielmehr ist Polizeigewalt für viele Menschen in Deutschland Alltag. Das Verhältnis von Anzeigen und Übergriffen liegt bei eins zu sechs. Die ständige Angst vor Polizist*innen ist vor allem für migrantisierte Menschen allgegenwärtig: rassistische Polizeikontrollen, Schikanierungen bis hin zu gewaltvollen Übergriffen gehören zum Standardrepertoire der deutschen Polizei. 
Gerade vor dem Hintergrund des NSU, der über Jahre hinweg vor den Augen und mit Hilfe der deutschen Sicherheitsbehörden gemordet hat, ist dies fatal. Umso perfider ist es, dass es ausgerechnet Polizist*innen des ersten Reviers in Frankfurt sind, die unter dem Namen NSU 2.0 die Anwältin der Nebenklage im NSU-Prozess Seda Başay-Yıldızbedrohen. Gerade dieses Polizeirevier war vielen Frankfurter*innen schon vorher durch besonders übergriffiges Auftreten bekannt, daher verwundert dieser Skandal viele von uns nicht. 
Es wird uns immer wieder eindrücklich vor Augen geführt, dass es seit Jahrzehnten rassistische Kontinuitäten im Polizeibetrieb gibt, die sich vor allem durch die hermetische Abriegelung der Polizei nach außen und den dahinwesenden Korpsgeist der Beamt*innen überleben. Die letzte empirische Studie zur politischen Gesinnung der Polizei in Frankfurt wurde Ende der 90er Jahre durchgeführt. Das Ergebnis war verheerend: Rassistische Äußerungen in der Ausbildung und Übergriffe gegen migrantsierte Menschen werden durch Korpsgeist und Kameradschaft geschützt. Weitere Studien werden von der Polizei systematisch verhindert; ein Problembewusstsein scheint also durchaus da zu sein, nur wird zum Schutze der Kameraden lieber geschwiegen als die Schädigung des eigenen Rufs in Kauf zu nehmen. Unabhängige demokratische Kontrollinstanzen, wie sie verschiedene linke Gruppen seit je her fordern, sucht man vergebens, stattdessen leben Polizist*innen ihren Law-and-Orter-Lifestyle mit staatlicher Legitimation, in Frankfurt und bundesweit, weiterhin konsequenzlos aus. Denn das Resultat für rassistische Übergriffe oder willkürliches Einprügeln auf friedliche Demonstrant*innen scheint im schlimmsten Fall die Suspendierung vom Dienst oder die Versetzung in ein anderes Revier zu sein.
Die Offenheit der Polizei für rechtes Gedankengut stellt auch eine mögliche Erklärung dafür dar, warum die Polizei bei der Serie von Brandanschlägen auf linke Projekte in Frankfurt so lange untätig blieb, obwohl der Täter linken Strukturen seit geraumer Zeit bekannt war. Stattdessen begnügt sich die Frankfurter Polizei mit dem Abfilmen von Schuhen auf Demos, dem Ausstellen horrender Bußgeldbescheide bei minimalen Auflagenverstößen und martialischer Präsenz bei jeder Demo im Stadtgebiet. Die Repression gegen Antifaschist*innen nehmen, in unserer Wahrnehmung, in den letzten Jahren zu. Genossen aus Frankfurt saßen beispielsweise nach der Verfolgungswelle im Nachgang der G-20-Proteste, im Knast. Um sie und andere zu unterstützen laden wir euch ein heute noch im Café Koz in Frankfurt ab 23 Uhr mit uns gemeinsam gegen Repression zu tanzen und zu feiern, die Einnahmen kommen den Betroffenen zugute. Denn angewandte Polizeikritik heißt für uns Feuer und Flamme der Repression und Solidarität mit den Betroffenen von Polizeigewalt!